Leichen im Keller …

Beim Aufräumen entdeckte ich in der RESTAURO 3/2010 einen Verweis auf eine frei zugängliche Bilddatenbank von Kulturgut, welches zwischen etwa 1937 bis 1945 in NS-Besitz überging – durch Kauf oder Beschlagnahmung. Das Deutsche Historische Museum in Berlin hat hier zusammen mit dem Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen die sogenannte “Linzer Sammlung” bearbeitet. Sie enthält überwiegend Gemälde und nur wenige Möbel, Porzellanarbeiten, Skulpturen und Tapisserien. Leider kann man nicht nach Objekttypen suchen, sondern muss z. B. den gesuchten “Stuhl” o. ä. in der Volltextsuche eingeben. Bei einem Sucherfolg erhält man dann meistens eine Abbildung des Objekts sowie u. a. wertvolle Angaben zum ursprünglichen Eigentümer und heutigen Verbleib – sofern bekannt.

Das ist durchaus ein wertvoller Beitrag zur Aufarbeitung unserer NS-Vergangenheit.

voelkerkundemuseum

Aber wenn das nur das einzige Problem unserer Museen wäre!

Wir wissen doch alle aus eigenere Erfahrung, dass eigentlich alle deutschen Museen nicht so genau wissen, was sie in ihren Depots haben. Überall gibt es unaufgearbeitete Bestände und Objekte, die entweder noch nicht inventarisiert sind, deren Inventarnummer verloren gegangen ist oder die gar komplett verschollen sind.

Das ist ganz logisch, da der überwiegende Teil von den stetig wachsenden Sammlungen einfach nicht ausgestellt werden kann und leider viel zu wenig Personal vorhanden ist, welches genügend Zeit aufbringen könnte, sich den Depots zu widmen.

Um so befriedigender ist es da doch, wenn man aus purem Zufall zwei Objekte im Depot “wiederfindet”, sie also eine Inventarnummer bekommen und in der hauseigenen Datenbank nicht mehr als “Standort unbekannt” oder “verschollen” gelten.

Und es freut mich ungemein, wenn ich von Kolleginn/en höre, dass sie auch durch Zufallsfunde verloren geglaubte Objektteile wiederfinden und zusammenführen können und durch Archivfunde wertvolle historische Bezüge herstellen können!

Davon will ich mehr in der Öffentlichkeit hören, lesen und sehen!

Berufsgruppen, die in Depots von Museen und Sammlungen oder auch Archiven arbeiten, sind nun einmal auf gewisse Art und Weise Schatzsucher, die Grundlagen für wissenschaftliche Forschungen zu unserer Vergangenheit legen. Wir bringen doch alle einen gewissen Enthusiasmus für die Objekte mit und bewegen uns mit offenen Augen durch den Alltag. Und diese Arbeit ist wichtig und wertvoll – und sollte medienrelevant werden. Denn ich denke schon, dass sich die Öffentlichkeit dafür interessiert, was hinter den Kulissen der Museen vorgeht. Sonst wären Depotführungen, Restaurierungs-Schauen oder einschlägige Filme nicht so beliebt.

Unbequeme Denkmale

Unter anderem mit dem Tag des offenen Denkmals 2013 sind “unbequeme Denkmale” in wissenschaftliches und öffentliches Interesse gerückt. Damit sind hauptsächlich Geschichtsorte gemeint, die uns von vergangenen diktatorischen Regimen erzählen.

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So z.B. auch der Bückeberg bei Hameln. Heute ein unscheinbarer Hügel, der nur bei genauer Betrachtung noch Anzeichen von seiner Zeit als Veranstaltungsort der Reichserntedankfeste zwischen 1933 und 1937 offenbart. Schier unglaublich erscheint mir, welcher Aufwand damals betrieben wurde, um tausende Menschen zusammen zu bringen und damit eine Kulisse für Hitlers selbstherrliche Auftritte zu bilden. Es wurde damals sogar richtiges Merchandising betrieben und Schau-Kriegshandlungen vorgeführt. Teilweise bewusst negiert, teilweise unbewusst vergessen, ist dieser Ort heute aus dem Bewusstsein der deutschen Bevölkerung verschwunden. Nun soll dieser Platz – er steht unter Denkmalschutz – didaktisch aufbereitet werden, um ein lokales Mahnmal dieser deutschen Vergangenheit zu werden.
Und genau das macht es unbequem. Denn niemand kann garantieren, dass dieses und andere Denkmale nicht dann auch wieder in das Bewusstsein von Rechtsgesinnten rücken und sie sie für ihre Zwecke “misbrauchen”. Doch auch viele Bunker und öffentliche Plätze sind unbequeme Denkmale, da sich durch ihre negative geschichtliche Belastung nur sehr mühsam adäquate neue Nutzungskonzepte entwickeln lassen.
Diesem Thema widmet sich auch vom 26. bis 29.3.2014 in Hannover die Tagung “Unter der Grasnarbe“. Denn oft ist uns gar nicht mehr bewusst, wie sehr die Nazis unsere Städte und das Land geprägt haben. So erhofft man sich vom fachlichen Austausch, Anregungen zum zukünftigen Umgang mit solch unbequemen Denkmalen. Und hoffentlich gibt es dann – neben Huses bereits 1997 erschienen Buches “Unbequeme Baudenkmale” – bald weitere Publikationen zu diesem spannenden und immer noch brisanten Thema.

Lebensmittel als Kulturgut?

Natürlich sind auch Nahrungsmittel und aus ihnen zubereitete Speisen Teil unserer Kultur und somit erhaltenswert.
So z. B. auch Dresdner Eierschecke, die in den alten Bundesländern weitgehend unbekannt ist. (Die Beste, die ich bisher gegessen habe, macht die Bäckerei Wintermann in Cranzahl.)
Solche und andere regional sehr typische Speisen haben einen geschichtlichen Hintergrund und eine oft sehr lange Tradition, die ohne Frage bewahrt und vermittelt werden müssen.
Doch lohnt sich der Aufwand, solch leicht verderbliches Kulturgut zu erhalten, wie es in der Restauro 6/2013 über Schokoladen-Weihnachtsmänner von Anja Wagenknecht thematisiert wurde?
Meiner Meinung nach ist das Risiko, durch solche Sammlungsgegenstände einen idealen Nährboden für Schadorganismen zu bieten und damit andere Objekte zu gefährden oder gar zu schädigen, viel zu groß. Und was würden solche Lebensmittel dann überhaupt noch vermitteln? Bei diesem Kulturgut geht es doch nicht nur um das Aussehen, sondern um Geschmack – bei den verschiedenen künstlerischen Interpretationen auch um die Art des Vergehens. Das können wie auch immer konservierte Nahrungsmittel nicht mehr vermitteln.
Deshalb scheint es doch weit sinnvoller, neben soziokulturellen Hintergründen, den genauen Zutaten und ihrem Mengenverhältnis auch die exakte Zubereitung zu dokumentieren und regelmäßig zuzubereiten.
So ließen sich dann evtl. auch neue Zielgruppen ins Museum locken. Vielleicht könnte man dieses Kulturgut dann auch leichter in anderen Regionen Deutschlands bekannt machen. Und der wirtschaftlichen Aspekt liegt sicher auch klar auf der Hand …

Hochwasserschaden dank Denkmalschutz

So tituliert heute Heise auf seiner Internetplattform.
In diesem Artikel wird suggeriert, die Sächsische Stadt Grimma wäre aktuell nicht so schlimm überflutet, wenn nach dem letzten großen Hochwasser 2002 zügig mit dem Bau gigantischer Schottenwände – wie im Hochwasserkonzept von 2003 ermittelt – begonnen worden wäre. Denn diese wären dann 2013 fertig gewesen.
Anfang dieses Jahres und somit rechtzeitig?
Oder wohl eher erst gegen Herbst/Ende das Jahres und somit zwar nur knapp zu spät, aber Grimma wäre wohl trotzdem wieder überschwemmt worden.
Ich verstehe, dass Betroffene nun unter Schock stehen und irgendwo die Schuld die suchen. Aber sie überwiegend auf die Denkmalpflege zu projizieren, empfinde ich als sehr ungerecht.
Es mag stimmen, dass die Prüfungen zum Denkmalschutz den Baubeginn verzögerten und sogar verhinderten, aber doch nur, weil die zuständigen Denkmalpfleger genau abwägen mussten – und ja nicht nur diese eine Stadt, sondern noch viele Objekte mehr betreuen.
Denn Denkmalpfleger haben eine hohe gesellschaftliche Verantwortung zu trage. Wenn alte Gebäude verunstaltet werden, rufen viele Stimmen sofort: “Wo war die Denkmalpflege?” Wenn Baumaßnahmen versagt werden, heißt es wiederum “Die Denkmalpflege verhindert Fortschritt.”
Diese “Verhinderungsmacht” – wie sie auch in dem Artikel abwertend genannt wird – ist heute aber politisch und soziokulturell durchaus gerechtfertigt.
In vielen vergangenen Epochen sind durch unreflektierte, voreilige Baumaßnahmen oder gut gemeinte Verbesserungsmaßnahmen bedeutende Kulturdenkmale unwiederbringlich verloren gegangen. Daraus haben wir gelernt, dass unsere heutigen Ansichten schon von der nächsten Generation ganz anders gesehen werden, weshalb wir -also alle Berufe, die mit der Erhaltung von Kulturgut betraut sind – versuchen, langlebige und nachhaltige, nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen.
Auch die in Grimma beteiligte Bürgerinitiative gegen die Schottwände hat für mich völlig nachvollziehbar gehandelt. Denn man muss immer bedenken, dass nach wie vor Menschen in dieser Stadt leben können müssen. Und wenn sie dann ständig auf diese Mauern schauen müssen, fördert das nicht gerade das Wohlbefinden, sondern erinnert eher an Bilder der Mauer, die einst Berlins Straßen durchschnitt.
Ja, der menschliche Faktor wird oft komplett vergessen. Alle Beteiligten der Hochwasserdebatte um Grimma sind Menschen, und die machen nun einmal Fehler. Vielleicht waren die Reaktionen nach 2002 ja ein Fehler, aber fragen wir anders herum: wie oft ist Grimma wirklich durch erhebliches Hochwasser bedroht? Wenn 2002 und 2013 unvorhersehbare, unvermeidliche Einzelfälle waren und hoffentlich auch bleiben, rechtfertigen sie meiner Meinung nach nicht solche überdimensionierten Hochwasserschutzkonzepte.
Bei dem als Vergleich herangezogenem Ort Moos in Bayern sieht das ganz anders aus (deshalb ist er auch eigentlich nicht mit der Situation von Grimma vergleichbar). Dieser Ort hat eine lange, regelmäßige Hochwassertradition, weshalb hier eine Absiedlung (Aufgabe der Siedlung) wirtschaftlich, sozial und denkmalpflegerisch vertretbar erscheint.
Denn der Denkmalschutz achtet immer auch auf “wirtschaftliche Unzumutbarkeit”. Das soll vermeiden, dass unsere Dörfer und Städten mit der Zeit zu unbezahlbaren und unnutzbaren Museen werden. Im Gegenteil: die Denkmalpflege ist sehr daran interessiert, für den Unterhalt nötige Veränderungen und Anpassungen an moderne Lebensstandards zu fördern. Doch das ist ein schmaler Grad und ein sehr komplexes Thema.
Deshalb sollte man bezüglich Grimma und anderer erneut vom Hochwasser betroffener Dörfer und Städte genauesten abwägen zwischen Hochwasserschutzmaßnahmen und Duldung gelegentlicher Überflutungen. Wenn man das wirtschaftlich gegen einander stellt und dabei für jede Siedlung individuell entscheidet, kommt man sicher zu den unterschiedlichsten Ergebnissen.

Kulturgut ist überall

Neulich auf Wohnungssuche besichtigte ich eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus aus den 1930er Jahren. Die Wohnung war entkernt und schon beim Eintreten war ich begeistert:
Wohnungstür und alle Zimmertüren mit Zargen waren noch aus der Bauzeit. Unter dem aktuellen weißen Anstrich sind sicher noch Frühere erhalten – vielleicht auch der Erste?
Die Wände – von Tapeten befreit – zeigten noch den ursprünglichen Wandaufbau aus Stroh und Lehmputz. Und 90% der ursprünglichen Fassung waren ersichtlich. Sehr interessant, wie dunkel die Wohnräume waren, mit großen schablonierten grafischen oder floralen Mustern. Nur die Küche war hell gestaltet, mit einer kleinen grafischen Bordüre.
In den 1970er Jahren wurden dann von der Küche Toilette und Dusche abgetrennt. Fenster wurden seitdem bereits einmal getauscht, ein Balkon angebaut.
Diese Wohnung war ein gutes Beispiel eines lebendigen Kulturgutes. Spuren aus der Entstehungszeit und späteren Renovierungen, Instandsetzungsmaßnahmen sind deutlich. Und nun steht eine neuerliche Grundsanierung an.
Diese bedeutet erhebliche Umbaumaßnahmen, wie eine komplette Neuanlage eines modernen Badezimmers, Erneuerung der Elektrik und der Heizung. Das ist nötig, um diese Wohnung wieder bewohnbar zu machen und damit ihrem ursprünglichen, historisch intendierten Zweck wieder zu zuführen. Auf keinen Fall sollte man solch ein Objekt musealisieren. Dabei reicht eine Dokumentation und Hinterlegung beim Denkmalamt.

Leider war die Wohnung zu groß und zu teuer für mich, aber die Erkenntnis, dass eigentlich überall um uns herum Kulturgut zu finden ist, hat mir gezeigt, dass wir Restauratoren, die historische Substanz erhalten auch in der modernen zukunftsorientierten Gesellschaft wichtig sind. Denn ohne Vergangenheit hat die Gesellschaft keine Kultur und keine Identität mehr.

Restauratoren – ein Volk für sich!? [Teil 2]

Die Welt der Restauratoren ist klein. Man kennt sich – zumindest in den gleichen Bildungskreisen.

Ich behaupte, die meisten akademischen Restauratoren haben wenig bis gar nichts mit Restauratoren im Handwerk zu tun.

Warum?

Während des Studiums wurde uns vermittelt, wir sollten uns nicht mit Handwerkern auf eine Stufe stellen. Theoretisch stimme ich dem zu, aber sind akademische Restauratoren besser als Restauratoren im Handwerk? Was unterscheidet diese beiden Berufsgruppen von einander? Handeln handwerkliche Restauratoren nach einer anderen Ethik als die Akademiker? Können sie etwa weniger?

Nach meinen Recherchen und einer netten E-Mail-Korrespondenz mit Dipl.-Ing. Frank Sprenger, dem Geschäftsführer des Verbands der Restauratoren im Handwerk e.V., weiß ich, dass wir alle nach der gleichen Ethik, den gleichen Restaurierungstheorien handeln. Restauratoren im Handwerk lernen genau so Kunsthistorisches, historische Techniken, verschiedene Untersuchungs- und Konservierungsmethoden. Dazu leisten sie oft ihre Ausbildung zum Restaurator über mehrere Jahre neben dem Berufsalltag und finanzieren sie komplett aus der eigenen Tasche. Das erfordert Disziplin und Organisation!

Der Unterschied scheint von den akademischen Kreisen hochgehalten zu werden. So wollen Museen lieber akademische Restauratoren. In der Denkmalpflege arbeiten Restauratoren im Handwerk oft unter der Anleitung eines akademischen Restaurators.

Läuft es darauf hinaus, dass akademische Restauratoren zukünftig Untersuchungen und Konzepterstellungen übernehmen, eher projektleiterische und überwachende Tätigkeiten ausführen? Wird es zukünftig so sein, dass nur noch die Restauratoren im Handwerk an das reale Objekt dürfen und hier Eingriffe vornehmen, während die Akademiker zusehen?

Wenn es in diese Richtung geht, ist es dann nicht umso wichtiger, dass wir jetzt schon stärker zusammenarbeiten, uns kennen lernen. Könnte man nicht Restauratoren im Handwerk auch gezielter an die Hochschulen holen, um z.B. historische Techniken zu unterrichten – sofern dies in den Lehrplänen enthalten bleibt.

Es ist dabei sehr erfreulich, dass im Berufsalltag bereits einige sehr fruchtbare Gemeinschaftsarbeiten von Restauratoren im Handwerk und akademischen Restauratoren stattfinden. Doch sollte dieses gemeinsame Verständnis bereits an den Hochschulen vermittelt werden. Schließlich haben wir doch alle das gleiche Ziel: die Erhaltung des kulturellen Erbes für die Gesellschaft.

Restauratoren – ein Volk für sich!? [Teil 1]

Restauratoren sind schon ein merkwürdiges Völkchen.

Unter den studierten Restauratoren gibt es solche mit einem Diplom, andere mit Bachelor- und wieder andere mit Master-Abschluss. Und was sagt der Welt das? Arbeitet ein Diplom-Restaurator – abgesehen von seiner längeren Berufserfahrung – besser, als ein “Bologna-Kind”? Entspricht das Diplom wirklich dem aktuellen Bachelor der Restaurierung?

Kann doch eigentlich gar nicht, weil neben der Studiendauer auch riesiege Unterschiede zwischen den Hochschulen liegen!

In Köln z.B. macht man einen Bachelor of Arts in Restaurierung und Konservierung von Kunst und Kulturgut. In Hildesheim macht man einen Bachelor of Arts in präventiver Konservierung. Zweifel der Vergleichbarkeit sind da durchaus berechtigt! Doch heißt das, dass B.A.s aus Hildesheim dann in der Berufswelt weniger bis keine Chancen haben? Dürfen die dann überhaupt zur Konservierung und Restaurierung von Kulturgut eingesetzt werden? Oder dürfen sie wirklich nur Maßnahmen der präventiven Konservierung ausführen?

Und was ist, wenn Hildesheimer B.A.s der präventiven Konservierung dann noch ihren Master of Arts in Konservierung/Restaurierung machen? Sind sie dann mit einem kölner M.A. vergleichbar? Abgesehen vom Schwerpunkt der Fachrichtungen natürlich (Köln: Holz und Werkstoffe der Moderne; Hildesheim: Möbel und Holzobjekte).

Wenn also bereits die Studienabschlüsse der Hochschulen und Universitäten (Berlin, Dresden, Erfurt, Hildesheim, Köln, München, Potsdam) nicht klar zu identifizieren sind, brauche ich nicht nach Abschlüssen der Akademie in Stuttgart und des Goering Instituts zu fragen.

Es ist ja gut und richtig, dass sich die akademischen Ausbildungsstellen von einander unterscheiden, doch so sehr?

Da fällt es doch verwandten Disziplinen, die dem Restaurator in der Denkmalpflege oder den Museen über den Weg laufen, schwer ihn einzuschätzen, oder? So entstehen doch falsche Vorstellungen unseres Könnens. Oder ist das eh egal, weil wir letztendlich alle den gleichen Erwartungen unterliegen?

Und wo stehe ich da, als junge, engagierte Restauratorin M.A. aus Hildesheim?

Restauratoren

Heute im “Huck Up”, eine hildesheimer Zeitung, lag die Beilage “Der Spezialist” bei. Gleich zu Beginn war ein Artikel über Wohnungseinrichtungen mit Antiquitäten abgedruckt. Als es darin um das Erkennen des Wertes und das Aufarbeiten dieser Antiquitäten ging, wurde empfohlen, sich an Antiquitätenhändler oder Tischler zu wenden. Tischlergesellen oder -meister können sich auch zum “Restaurator im Handwerk” weiterbilden.

Mit keinem Wort aber wurden wir studierten Restauratoren erwähnt.

Warum?

Vermutlich, weil unser Ruf in der breiten Öffentlichkeit denkbar ungünstig ist.

Wir werden doch überhaupt nicht ernst genommen!

Wie oft haben Sie schon gehört, dass jemand auch schonmal was abgeschliffen und neu lackiert hat, als Sie erklärten, was Sie von Beruf sind?

Oder Ihr Gegenüber hatte überhaupt keine Ahnung, was Restaurierung ist – bzw. kein Interesse.

Und warum ist das so?

Sind wir nicht wirtschaftlich genug? Sind wir zu ethisch? Kommunizieren wir zu wenig?

U.a. thematisiert das auch Ralf Buchholz in der aktuellen Restauro.

Ja, wir Restauratoren sind noch in keinster Weise angekommen!

Und wenn wir nicht daran arbeiten, wird sich das auch nicht ändern.

Am Besten sollten wir mit dieser Diskussion bereits im Studium anfangen.

Ich als junge, enthusiastische Absolventin werde von alldem sehr deprimiert.

Seit fünf Jahren erlerne ich diesen Beruf, aus Überzeugung, und investiere viel Geld, Zeit und Mühe. Und dann wird man nicht ernst genommen?

Ich war doch nicht auf einer Clowns-Schule!

Aber eine/r allein kann an der öffentlichen Wertschätzung nichts ändern.

Hier müssen wir Restauratoren endlich einmal an einem Strang ziehen! Und wie könnten wir das besser, als durch unseren Verband?

Wäre ein erster Schritt vielleicht der Schutz der Berufsbezeichnung?

Man denke nur an die jüngst bekannt gewordene “Restaurierung” eines Freskos in Spanien… So etwas ist unglaublich förderlich für das öffentliche Bild der “richtigen” Restauratoren.

Dargestellte Zeitschnitte in Freilichtmuseen

In Freilichtmuseen stehen oft Gebäude, die an ihrem ursprünglichen Standort von der Zerstörung bedroht waren. Hätte man sie dort nicht abgebaut und im Museum wieder errichtet oder dort hin transloziert, wären sie verloren.

Doch in Museen werden die Gebäude häufig auf einen bestimmten Zeitschnitt zurückgeführt.

Das ist aus Sicht des Museumskonzeptes im Sinne der Vermittlung gut und richtig, doch muss man sich bewusst machen, dass die dargestellten Zustände hypothetisch und eher stellvertretend für den “Durchschnitt” gemeint sind.

Oft mögen Besucher glauben, das Gebäude mit seiner Wandgestaltung, den Öfen, Möbeln, Gardienen und Löffeln sei so, wie sie es gerade sehen original. Dabei ist die Ausstattung meist komplett aus Museumsbeständen zusammengestellt.

Eine Variante, dies auch optisch klar zu vermitteln, wurde im LWL-Freilichtmuseum Detmold im Haus Uhlmann des Paderborner Dorfes angewandt. Hier wurden die Möbel der guten Stube zwar gemäß der Beschreibung von Augenzeugen ausgewählt, aber auf Plexiglaszylinder gestellt. Diese Präsentationsform wirkt im Museumskontext hier zwar etwas befremdlich, aber sie ist sehr schlüssig.

Die bauliche Rückführung auf einen früheren Zustand kann sich vielfach schwierig gestalten. Und auch bei translozierten Gebäuden werden dadurch originale Spuren späterer Zeit vernichtet. Von abgebauten und wieder aurgebauten Häusern wollen wir hier gar nicht sprechen. Hier kann man sich fragen, ob damit nicht nur der Schein von einem Original erhalten wird…

Es ist also auch in Museen stets nur ein schmaler Grad zwischen Erhalten und Zerstören. Hier bewegen sich alle Gewerke, die mit der Kulturguterhaltung zu tun haben. Dann kann man doch auch verstehen, wie wichtig es ist, dass es z.B. Restauratoren mit fundierten wissenschaftlichen Kenntnissen gibt, die sich der Tragweite ihres Handelns bewusst sind. Wir versuchen stets im Sinne der Gesellschaft zu agieren.

Sollte unsere Berufsbezeichnung nicht also doch endlich geschützt werden?

Frohe Weihnachten

Unsere Traditionen – auch die, wie wir Weihnachten feiern – sind wichtiges Kulturgut, denn diese Traditionen machen eben unsere Kultur aus. Dies zu erhalten, gestaltet sich aber schwierig, da es überwiegend immateriell ist.

Zu meiner Kultur gehört es z.B. traditionell erzgebirgisch Weihnachten zu feiern.

Ich habe einen Herrnhuter Stern, Schwibbögen, Nussknacker, Räuchermännchen mit Räucherkerzen, natürlich eine Krippe und einen Adventskranz sowie eine Pyramide und viele, viele Kerzen.

Diese Gegenstände selbst kann man erhalten, doch gehört auch das Wissen um die Benutzung und die Herkunft dazu.

Wussten Sie, dass der Schwibbogen vom Mundloch eines Bergwerkstollen abgeleitet wurde? Und die Pyramide von einem Pferdegöpel aus dem Bergbau stammt?

Mir fehlen allerdings noch ein Bergmann und ein Engel im Fenster. Haben Sie solche Figuren schonmal gesehen? Wissen Sie, was es damit auf sich hat? Im Erzgebirge haben die Hausherren früher stellvertretend für jedes ihrer Kinder solch eine Figur geschnitzt – ein Bergmann für einen Sohn, ein Engel für eine Tochter. Wie genau es aber dazu kam, das weiß ich auch nicht.

Und mir sind schon viele andere Weihnachtsbräuche abhanden gekommen.

So gibt es einige Haushalte, die ihre Fensterbeleuchtung erst am Heiligen Abend um 18Uhr mit dem Läuten der Kirchenglocken anschalten. Ich kenne es aber auch so, dass schon in den Adventswochen die Fenster reich beleuchtet werden, was früher den Bergleuten in der dunklen Jahreszeit ein bisschen Licht bringen sollte.

Ich kenne es auch nicht, dass die Stube mit Stroh ausgelegt wurde. Und Neunerlei habe ich auch noch nie gegessen.

Über diese Weihnachtsbräuche lässt sich sicher eine Doktorarbeit schreiben.

Aber ich möchte hier eigentlich nur dazu aufrufen, in der modernen, hektischen Welt diese Bräuche und Traditionen nicht als altmodisch, überholt oder kitschig abzutun. Das sagt nur, wer den Sinn davon nicht kennt.

Ich finde es wichtig, dass wir Traditionen haben, Dinge, die wir von unseren Eltern oder Großeltern übernehmen und ihnen damit Respekt zollen. Außerdem ist die Weihnachtszeit die beste Zeit im Jahr, um zur Ruhe zu kommen, mal wieder an liebe Menschen zu denken und nett zu einander zu sein.

Wer Weihnachten wirklich “unterm Baum entscheiden will”, wie ein großer Elektrohandel wirbt, der hat Weihnachten in meinen Augen komplett falsch verstanden.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen besinnliche, ruhige und traditionsreiche Weihnachten.