Restaurierung des Hanno-Hockey 2

Nachdem zu zweit und unter viel Kraft und Gefühl das verklemmte Deckglas des Korpus heil entfernt werden konnte, offenbarte sich der Zustand des Inneren in Gänze.
Auch das Spielfeld und die Mechanik waren grundsätzlich in hervorragendem Zustand, abgesehen von partieller Korrosion und Verschmutzung. Besonders bemerkenswert sind die Vollständigkeit und Ursprünglichkeit. Alle zehn Spielkugeln waren erhalten, dazu noch 23 Zehn-Pfennig-Stücke von 1949 und 1950 sowie ein Zehn-Reichspfennig-Stück von 1925. Lediglich ein fehlender Stift bewirkte ein Verklemmen eines Schiebeblechs, das die Kugeln aus dem Tor freigibt.
Die stärkste Beschädigung war die durch Feuchtigkeit und Wärme gelöste, geschwundene und stark verformte grüne Folie des Spielfeldgrunds.

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Diese wurde mittels Hautleim, Wärme und Druck behutsam wieder am Pappgrund fixiert. Die beiden Risse im linken Bereich konnten nicht wieder geschlossen werden, deshalb wurden die Fehlstellen lediglich retuschiert. Die zahlreichen Kratzer, Dellen und Fassungsfehlstellen der beiden Spielfiguren durch die anschlagenden Spielkugeln wurden nicht retuschiert, da sie vom Gebrauch dieses Automaten zeugen.
Nach der Konservierung aller Metallteile und Reinigung des Inneren, wurde das Spielfeld wieder eingesetzt. Die abschließende Funktionsprüfung zeigte, dass die vordere, rote Spielfigur auf dem Dorn durch eine eingeschobene Unterlegscheibe erhöht werden musste. Durch den zu tiefen Sitz ließ sie sich nicht mehr einwandfrei drehen.

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Das Äußere des Holzkorpus war ursprünglich vermutlich mit Cellulosenitrat-Lack (CN-Lack) beschichtet. Durch den Einfluss von Feuchtigkeit ist dieser zwar craqueliert, partiell aufstehend oder verloren, doch sollte er durch Festigung erhalten bleiben.

Restaurierung des Hanno-Hockey

In der Mitte der 1930er Jahre waren Hockey-Automaten als Unterhaltung sehr beliebt. Verschiedenste Firmen stellten Hockey- oder Eishockey-Spiele her. So auch die Hanno-Automaten GmbH in Hannover. Einer dieser Hanno-Hockey-Automaten wurde von mir restauriert.Bild1

Bei diesem Automaten standen sich zwei Spieler an den Schmalseiten des tischähnlichen Automaten gegenüber und bedienten je eine Spielfigur. Diese verteidigte durch Drehbewegungen das eigene Tor und musste versuchen metallene Kugeln in das gegnerische zu schießen. Bei dem vorliegenden Automaten kosteten 10 Kugeln 10 Pfennig, was zur damaligen Zeit für die meisten Menschen nicht wenig Geld war. Dieser Automat besitzt kein Zählwerk für die geschossenen Tore. Sie werden ganz einfach durch Liegenbleiben der Kugeln im Tor markiert.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie simpel die Mechaniken für solche Spiele gespaltet waren.

Konservatorisch spannend an diesem Automaten war der Erhaltungszustand, der sich innen und außen stark von einander unterschied. Innere Hölzer und Metalle waren sehr gut erhalten und teilweise überhaupt nicht korrodiert. Das äußere Eichenfurnier hingegen war an den Kanten vermehrt gelöst, teilweise ausgebrochen. Großflächige Schwemmränder waren ersichtlich. Die äußeren Metallteile waren teilweise sehr stark korrodiert. Insgesamt war der Automat dazu stark verschmutzt, u.a. mit Vogelkot. Trotzdem war der Erhaltungszustand doch sehr gut, da z.B. die obere, vermutlich noch ursprüngliche Glasscheibe weder gesprungen noch zerkratzt war. Auch der Schlüssel für das Kassenfach sowie die Kasse und ihr Sicherungsschloss sind noch erhalten. Bei den vier Buchenholzbeinen, die bei dem Automaten gelagert wurden, fehlten leider alle Schlosschrauben und Unterlegscheiben zur Befestigung am Korpus.

Dieser Automat hat vermutlich nicht viele Überarbeitungen erfahren. Möglicherweise wurden die eisernen, justierbaren Füße und das verchromte Schild der Münzeinwürfe später einmal mit einer moosgrünen Farbe überstrichen. Die erhebliche Korrosion dieser Teile hat aber viel dieser Schicht abgelöst.

Ich würde gern noch wissen wollen, in welchem Zeitraum dieser Automat von der Hanno-Automatenfabrik produziert wurde, wie viele es davon gab, ob es Vorgänger- und Nachfolgemodelle gab, wo sie aufgestellt wurden, wie lange sie in Betrieb waren. Am liebsten würde ich die erhaltenen (wie viele es wohl noch gibt?) vergleichend untersuchen, um genauere Aussagen zu Herstellungsbegebenheiten, Nutzungsspuren, Renovierungen und heutige Wertschätzung ableiten zu können. Und die technologischen Vergleiche zu den Hockeyspielen anderer Hersteller, wie Jentzsch & Meerz oder W. Rosenkranz aus Leipzig, sind auch noch völlig ungeklärt und dementsprechend spannend.

Die 1. Hälfte d. 20. Jh.

In meiner Master-Thesis beschäftige ich mich mit Objekten aus der 1. Hälfte des 20. Jh. Zum besseren Verständnis habe ich mich auch mit dem soziokulturellen Kontext dieser Zeit beschäftigt.

Diese ersten rund 50 Jahre des 20. Jh. sind noch nicht all zu lang sehr. Viele meiner Verwandten haben einen Teil dieser Zeit noch persönlich miterlebt. Es war eine Zeit voller Umbrüche und rasanter Veränderungen. So schrecklich, menschenverachtend und kulturell niederschmetternd die beiden Weltkriege dieser Zeit auch waren, haben sie doch maßgeblich dazu geführt, dass unser Leben heut so aussieht, wie es ist.

Nach dem 1. Weltkrieg haben sich u.a. Holzwerkstoffe, gerade Linien, neue Kleider und Gesellschaftsnormen durchgesetzt. Nach dem 2. Weltkrieg haben sich beispielsweise Kunststoffe und eine veränderte Frauenrolle etabliert. Die Alliierten bauten die BRD schnell wieder auf, wohingegen sich die DDR leider sozial rückständisch verhielt.

Doch das ist nun einmal die Geschichte unseres Landes.

Wir sollten diese Zeit, die schon so fern und doch noch immer so nah ist, besser verstehen lernen.

Ein guter Anfang ist chroniknet.de. Zufällig bin ich bei meinen Recherchen über diese Seite gestolpert und sehr begeistert davon! Hier gibt es umfassende, knappe Infos zu verschiedenen Alltagsaspekten jedes Jahres seit 1900 und zahlreiche Bilder dazu. Auch wenn es in den Texten einige Fehler gibt, wie fehlende Tabellen, ist ihr Informationsgehalt hoch, verständlich und wirkt seriös.

Aber nocheinmal zurück zu den Holzwerkstoffen:

Was glaube Sie, seit wann bereits Sperrholz bekannt ist?

Ich habe gelesen, schon Adam, Hepplewhite und Chippendale sollen Sperrhölzer verwendet haben (Ende 18. Jh.). Ist das wahr? Ist Sperrholz vielleicht noch früher bekannt? Und was ist mit der Tischlerplatte? Seit wann ist sie bekannt?

Wirklich durchgesetzt haben sich diese Holzwerkstoffe doch erst zwischen den beiden Weltkriegen, richtig?

Restaurierung eines Gemäldes 2

Nach ziemlich genau 50 Stunden ist das Bild nun gereinigt!

Die Rückseite bedurfte nur einer Trockenreinigung mit einem Latexschwamm, da hier nur loser Staub auflag. Die Bildseite bedeckte aber nicht nur loser Schmutz, sondern auch Vogelkot und erdige Anhaftungen.

Trotz vorheriger Festigung und Schollenniederlegung (ca. 20 Stunden) ist noch verhältnismäßig viel von der Malschicht verloren gegangen. Obwohl ich so behutsam wie möglich vorgegange bin, scheint es noch einige Hohlräume unter der geschlossenen Farbschicht gegeben zu haben, die erst durch die mechanische Beanspruchung der Reinigung sichtbar wurden. Teilweise war die Farbschicht auch so dünn, dass sie mit der Abnahme des Festigungsmittels ebenfalls verloren ging.

Das ist sehr frustrierend, wird aber von der Farbigkeit und Differenziertheit der Malerei ausgeglichen, die nach der Abnahme des alles vereinheitlichenden Schmutzes nun wieder erkennbar ist.

Deshalb hier noch einmal zur Anschauung, wie es vorher aussah:

und nach der Reinigung:

Allerdings wird jetzt auch – v.a. im Himmel – der ungleichmäßig aufgetragene, teilweise bereits schon verlorene und stellenweise stark vergilbte Firnis als besonders störend deutlich.

Mit Rücksprache einiger Gemälderestauratorinnen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich nun erst einmal Tests zur Firnisabnahme mache. Und dann entscheide ich, ob ich ihn tatsächlich entferne oder nicht. Denn ich fürchte, dass die Malschicht trotz Festigung eine Erneute oberflächliche Behandlung mit weiteren Farbverlusten bestraft.

Außerdem muss ich abwägen, wie ich mit den Lösemitteln umgehen kann: Kann ich evtl. mit den Bild in eine Werkstatt mit Absaugung umziehen? Denn daheim ist mir das zu gefährlich…

Aber eigentlich ist in solchem Fall eine Firnisabnahme unumgänglich, um ordentlich retuschieren zu können.

Restaurierung eines Gemäldes

Vor einigen Jahren habe ich ein Ölgemälde auf einer Hartfaserplatte geschenkt bekommen.

Es soll eine Oderlandschaft zeigen. Leider wurde es aus seinem Rahmen genommen. Den sollte ich später erhalten. Doch dem kam eine Gasexplosion zuvor, bei der er zerstört wurde…

Das Gemälde soll mit Flüchtlichen im 2.WK aus Schlesien nach Deutschland gekommen sein. Hier wurde es dann leider vernachlässigt und Feuchtigkeit ausgesetzt, was seinen ruinösen Zustand erklärt.

Viel Fassung ist bereits verloren gegangen. Der Großteil der noch erhaltenen Fassung liegt nur noch lose auf, die Schollen stehen partiell weit auf. Bei jeder Erschütterung gehen weitere Teile verloren. Die Oberfläche ist homogen sehr stark verschmutzt, stellenweise sogar mit anhaftendem Vogelkot und Erde. Der Firnis ist partiell ebenfalls spröde und verloren sowie vergilbt.

Dieser Zustand hat mich wirklich sehr lange zögern lassen, dieses Bild zu konservieren und zu restaurieren (ich glaube über 2 Jahre). Aber es wird ja bekanntlich nicht besser. Und bevor die Malschicht komplett verloren ist, habe ich mir ein Herz gefasst und mich dieser langwierigen Aufgabe gestellt.

Da das Bild mit 675x83mm recht groß ist, habe ich es erstmal mit Zwirn in neun Parzellen aufgeteilt. So kann ich etappenweise vorgehen und verliere den Überblick nicht.

Dann habe ich mit 5%igem Hautleim gefestigt. Mit einem kleinen Pinsel habe ich den Leim unter lose Schollen gegeben, bei großflächig craquelierten und gelösten Bereichen habe ich ihn vorsichtig mit einem größeren Pinsel aufgestrichen.  Dies hat wirklich lang gedauert und war sehr mühsam, da die Malschicht bei zu grober Berührung sofort abgefallen ist.

Das Ergebis überzeugte aber: alles ist fest und einige Schollen haben sich sogar durch den Trocknungsschwund des Hautleims niedergelegt. Die meisten Schollen standen aber so weit ab, dass dies nicht möglich war. So habe ich diese mit einem Heizspachtel niedergelegt, um später bei der Reinigung nicht alles wieder abzureißen.

Bisher habe ich die starke Verschmutzung mit destilliertem Wasser in Wattestäbchen abgenommen. Meist geht das sehr gut, da alle Schmutzsorten gut wasserlöslich sind. Da aber auch der eingebrachte Hautleim wasserlöslich ist, kann ich nicht zu lang eine Stelle bearbeiten.

Es dauert zwar alles unglaublich lang, aber bisher ist das Ergebnis recht überzeugend, denn man kann wieder Details der Malerei erkennen (siehe Bild oben links).

Was ich aber mit dem Firnis machen soll, weiß ich noch nicht. Soll ich ihn komplett abnehmen, um die Farbwirkung wieder herzustellen und diese fleckige Optik zu mindern? Oder soll ich ihn als Altersspur belassen?

Furniertes Kästchen

Als besonders persönliches Geburtstagsgeschenk habe ich ein einfaches Kästchen furniert.

Auf dem Deckel des Kästchens sollte eine persönliche und individuelle Marketerie sein. Dafür habe ich in einem Medaillon zwei Portraits eines Verwandten (einmal im jungen und dann in höherem Alter) mit einer Lilie zusammengestellt.

Die Umsetzung in eine Vorlage, die direkt zum Zuschnitt der Furnierstückchen dient, war etwas anspruchsvoll, aber nicht übermäßig kompliziert.

Schwieriger dagegen war die Holzauswahl. Ich habe nur nach Farbton ausgesucht. Mooreiche für Schwarz und Zitronenholz für die weiße Lilienblüte sowie die ergrauten Haare des älteren Portraits standen schnell fest. Für die Gesichtshaut wollte ich drei Farbtöne, um durch Licht und Schatten Plastizität zu erreichen. Nach langem Überlegen habe ich mich dann für Ahorn, Birke und Elsbeere entschieden. Der Fond des Medallions erhielt Vogelaugenahorn. Um das Kästchen nicht durch zu auffällige Maserung zu überladen, habe ich für den Rest Kirsche gewählt.

Beim Zuschneiden der kleinen Stückchen aus dünnem Messerfurnier habe ich meist ein Skalpell benutzt, für die Mooreiche eignete siche eine kleine Schere am besten. Dabei ist aber immer die Maserrichtung zu beachten. Aufgeklebtes Furnierband hilft sehr, da es leicht splitternde Holzarten zusammenhält.

Nachdem dann alles zugeschnitten war, habe ich den Blumenstiel grün gebeizt und die Blüte brandschattiert.

Bevor ich die Marketerie aufleimte, habe ich die großen Flächen des Kästchens mit Kirsche belegt, um das Medaillon präzise ausrichten zu können.

Vor dem abschließenden Lackauftrag habe ich die Oberfläche glatt geschliffen, noch einige Details eingraviert und mit dunkler Masse aus Schleifstaub und etwas Holzleim ausgekittet.

Das Innere habe ich dann noch mit rotem Samt ausgekleidet.

Insgesamt hat das alles gar nicht so lang gedauert. Dafür hat es aber um so mehr Spaß gemacht! Und die damit beschenkte Person hat sich unglaublich darüber gefreut.

Antiquitäten wieder “schön” machen 3

Die fertige Kommode hat auch dem Eigentümer gefallen.

Und ich muss sagen: Dafür, dass das mein erstes Möbelstück war, das ich wirklich komplett eigenverantwortlich bearbeitet habe, bin ich damit zufrieden.
Die ergänzten Füße und Schlüsselbleche waren schon nötig, um die ursprüngliche Aussage wieder erfahrbar zu machen. Leider konnte ich dem Eigentümer nicht ausreden, die Grifflöcher zu schließen.
Aber ich habe das so ausgeführt, dass man das leicht wieder zurückführen können sollte.
Und jetzt, nach einigen Wochen, scheint der Besitzer das wohl doch wieder rückgängig machen zu wollen.

Um auf die Ethik nochmal zu sprechen zu kommen:
Dadurch, dass die Kommode noch immer in täglichem Gebrauch ist, kann man keine museale Konservierung/Restaurierung durchführen. Dabei hätte man eigentlich alle Veränderungen (fehlende Füße, andere Griffe) lassen müssen/können, da sie ja ein Zeugnis der Geschichte dieses Möbels sind. Andererseits verändern fehlende Füße ja auch die Statik der Kommode…

Ich will damit verdeutlichen, dass die ethische Abwägung von Restaurierungsmaßnahmen immer eine Gradwanderung zwischen gut und schlecht ist. Und es immer subjektiv ist. Denn ein anderer Restaurator würde das vielleicht alles ganz anders machen.
Wichtig ist meiner Meinung nach eigentlich nur, dass man nicht einfach das tut, was man oder andere schon immer getan hat, sondern bei jedem Objekt neu überlegt, hinterfragt und abwägt.

Antiquitäten wieder “schön” machen 2

Für einen Bekannten habe ich gerade eine Kommode “wieder schön” gemacht.
Aus meiner Sicht ist sie schon schön geworden. Wobei dies natürlich subjektiv ist und die Veränderungen ethisch nicht konstant einwandfrei vertretbar sind.
Einige Veränderungen waren dabei aber durchaus aus restaurierungsethischer Sicht vertretbar: Die Kommode hatte z.B. keine Füße mehr, sie hatte Griffe, die stilistisch überhaupt nicht passten, ihre riesigen Risse waren schrecklich gekittet (weit über den eigentlichen Riss hinaus verschmiert) und sie hatte kaum noch einen Überzug.
Gut, wenn man die Ethik ganz genau nimmt, hätte ich die fehlenden Füße, passende Schlüsselbleche und Griffe nicht einfach so ergänzen können. Denn ich hatte kaum bis keine Anhaltspunkte, wie diese Teile gestaltet waren. Dafür hätte ich mehr Vergleichsobjekte finden müssen.
Auch den noch gering vorhandenen Lack hätte ich genau auf seine Bestandteile untersuchen müssen, um zu sagen, was früher drauf war. Denn eigentlich müsste man die gleiche Politur wieder verwenden.
Aber mal ehrlich: Welcher Privatkunde bezahlt das alles?
Selbst Museen betreiben nicht solchen Aufwand – außer bei überaus bedeutenden Stücken.

Das heißt nun aber nicht, dass ich die Ethik überzogen finde! Im Gegenteil. Ich bin der Meinung, dass unser Beruf eine so strenge Ethik braucht – von der man dann Kompromisse ableiten kann. Aber wenn man keine solche Ethik hat, kann man logischerweise auch keine Abstriche machen und dann macht ja jeder, was er will. Dann geschehen nämlich solche Dinge, die im Antiquitätenhandel vorgehen: Bemalte Bauernschränke werden abgebeizt oder die Möbel anderweitig umgearbeitet. Nur weil das gerade als “schön” empfunden wird? Weil es sich leichter verkaufen lässt? Mehr Geld damit machen lässt?
Und wo bleibt da der Respekt vor unseren Vorfahren? Solche Möbel waren einmal überaus kostspielig und wurden sehr geschätzt, über Generationen weitervererbt.
Außerdem gibt es heute andere Mittel und Wege, solche Möbel dem Zeitgeschmack anzupassen ohne Zeugnisse von früher unwiederbringlich zu vernichten. So kann man die Oberflächen neu streichen. Verwendet man dafür ein Farbsystem, dass sich mit dem alten nicht verbindet und/oder bringt eine Trennschicht ein, kann man bei Bedarf die alte Fassung (theoretisch) wieder freilegen.

Bevor wir also unsere alten Möbel “schön” machen wollen, sollten wir einen Moment darüber nachdenken, besonders über die weitreichenden Auswirkungen.

Mein Studienobjekt: Chinesischer Salon

Während des Bachelor-Studiums habe ich dieses Architekturmodell eines chinesischen Salons untersucht.
Auch wenn nichts Genaues zum Urheber, Entstehungsanlass und -zeit bekannt ist, ist es doch ein besonders interessantes Stück. Das liegt vorrangig an seinem Materialmix aus Holz, Papier, Pappe, Textil, Fassung und Metall.
Von Außen ist es unscheinbar: äußerst schlicht gearbeitet, monochrom rosa gefasst. Ursprünglich verbarg das schlichte, geschlossene Äußere den Einblick – wie ein Schuhkarton.
Das Innere ist dafür aber umso komplexer und detailierter gestaltet: der Raum war ursprünglich sehr aufwändig plastisch gegliedert. Die Wandgestaltung greift diese Gliederung wieder auf.
Das verwendete Papier ist komplett von Hand bemalt! Durch die große Oberfläche ist das äußerst beeindruckend.
Umso trauriger ist es, dass dieses Modell nur noch äußerst fragmentarisch erhalten ist.
Nach der rein konservatorischen Reinigung und Festigung sowie der Anfertigung einer Lagerungs- und Transportverpackung, ist die vorhandene Substanz gesichert.
Im Master-Studium werde ich versuchen, weitere Untersuchungen durchzuführen, um vielleicht näheres zur Entstehungszeit und dergleichen sagen zu können. Und wenn die Eigentümer dies wünschen, werde ich wahrscheinlich auch eine Ergänzung der Säulen und Balustraden durchführen.
Innenraum, Modell eines chinesichen Salons