Hornemann Kolleg: Aus der Praxis. Alumni berichten

Gestern Abend fand unter dem Titel “Restaurieren oder Wegwerfen? Holzschutz in der Denkmalpflege” der letzte Vortrag des dritten Hornemann Kollegs statt. In dieser Reihe berichteten ehemalige Studenten von ihrem beruflichen Werdegang.
Als ausgebildeter Schreiner mit einem Diplom in Restaurierung und einem Master of Arts in Baudenkmalpflege ist Veith Grünwald seit 2008 in Hildesheim und Umgebung als freiberuflicher Restaurator und Bausachverständiger tätig.
Nach ein paar einleitenden Worten von Dipl.-Rest. Ralf Buchholz, in denen er die letzten Vorträge kurz zusammenfasste und aktuelle Bezüge zum Thema Holzschutz zog, stellte Dipl.-Rest. Veith Grünwald M.A. einige seiner jüngsten Projekte vor.

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So übernahm er bei der Sanierung der Domäne Marienburg in Hildesheim die denkmalpflegerische Begleitung und teilweise bauforscherische Unterstützung. Die mikrobiell zersetzten Hölzer des Fachwerks wurden dabei sehr zurückhaltend ausgetauscht.
Er berichtete weiter über die Hausschwammsanierungen der Empore in der Huberstuskirche bei Holle, LK Hildesheim, und der bemalten Holzdecke der Kirche Mariä Geburt in Winzenburg.
In der Kirche St. Margareta in Rollshausen, LK Göttingen, ermittelte er für ein Gutachten des Gestühlpodestes, dass dieses durch konstruktive Fehler so stark pilz- und insektengeschädigt ist, dass eine Erhaltung hier nicht sinnvoll erscheint.
Bei der Erstellung eines Schadensgutachtens für ein vor wenigen Jahren saniertes Fachwerkhaus in Duderstadt, Am Markt, deckte er erhebliche bauliche Mängel auf. Weil konstruktiver Holzschutz hier nicht beachtet wurde, war ein großer Teil der Substanz stark geschädigt.
Abschließend zeigte er noch ein paar sehr beeindruckende Bilder eines riesigen Hausschwamm-Fruchtkörpers im Schloß Wrisbergholzen.

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Nach einigen Fragen zum Erfahrungsaustausch bzgl. Holzfestigung an tragenden Bauteilen, zerstörungsfreien Diagnoseverfahren, gar olfaktorische Identifikation von Pilzen sowie Mikrowellenbehandlung, folgte wie gewohnt in entspannter Atmosphäre ein reger Austausch zwischen Vortragendem und Publikum.

Hornemann Kolleg zu Laser, Kaltplasma und Terahertz

Am Abend des 15.4.2013 startete das Hornemann Kolleg in die nächste Runde. In diesem Semester geht es um verschiedene interdisziplinäre Themen aus der HAWK.
Den Anfang machte der charmante Dr. Wolfgang Viöl aus Göttingen. Seit 1994 ist er an der Fakultät Naturwissenschaft und Technik tätig. Seine Umtriebigkeit und Kompetenz werden in zahlreichen Titeln, Projekten, Kooperationen und Patenten deutlich. Folglich trägt er den Spitznamen “Daniel Düsentrieb” zu Recht.
Sein sehr charmanter und witziger Vortrag thematisierte das Potential von Laser, Kaltplasma und Terahertzstrahlung für Anforderungen der Konservierung und Restaurierung.
Nach verständlichen Erklärungen, was diese drei Energiezustände sind und was sie bewirken, nannte er auch konkrete Einsatzbeispiele. So wurde die plasmagestützte Ionisationsspektroskopie (PGIS) zur berührungsfreien und fast komplett zerstörungsfreien Materialanalytik entwickelt. Das auf eine Oberfläche treffende Plasma löst nur wenige Elektronen aus dem oberflächennahen Material, so dass ein spezifisches Leuchten erzeugt wird. Dieses kann mittels optischer Emissionsspektroskopie (OES) verschiedene Elemente identifizieren. Evtl. kann es zukünftig damit möglich sein, transparente Überzüge auf Möbeln schnell, günstig und recht eindeutig zu bestimmen.
Die Terahertzstrahlung kann als berührungs- und zerstörungsfreie Untersuchungsmethode Hohlräume direkt am Objekt aufzeigen. Dabei kann man bestimmen, wie groß und dick der Hohlraum ist und in welcher Tiefe er sich befindet. Auch hintereinander liegende Hohlräume können so mit etwas Übung erkannt werden. Bei hölzernen Objekten gestaltet sich aufgrund des Wassergehaltes eine Anwendung wohl schwierig. Hier bedarf es noch einiger Forschung.
Durch die Kombination von Laser und Kaltplasma lassen sich Gesteine und Metalle reinigen. Plasma wurde in Versuchen mit der Mikrobiologie des Fachbereichs Konservierung/Restaurierung bisher bereits erfolgreich gegen Mikroorganismen eingesetzt. Bakterien, Hefen und Pilze können auf allen Oberflächen nahezu komplett abgetötet werden.
Auch wenn dieser Vortrag bereits bei der 25-Jahrfeier des Studienganges Konservierung/Restaurierung vorgetragen worden sein soll, war dieses Hornemann Kolleg gut besucht.
Da Prof. Dr. Viöl mit diesen drei Techniken bisher nur positive Erfahrungen gemacht hat, hoffe ich sehr, dass er diese in weiteren Projekten mit den verschiedenen Fachrichtungen der Restaurierung an der Fakultät Bauen und Erhalten weiter entwickelt. Hier steckt meiner Meinung nach großes Potential für Belange der Kulturguterhaltung.

Hornemann Kolleg zur Digitalisierung von Schriftgut

Am 3.12.2012 fand wieder das Hornemann Kolleg statt.
Diesmal berichtete die Restauratorin Almuth Corbach von der Herzog August Bibliothek (HAB) in Wolfenbüttel über die Erfahrungen, die sie und ihre Kollegen mit der Digitalisierung von historischen Schriften haben.
Frau Hähner (Fachprofessorin Schriftgut der HAWK) hat in ihren einleitenden Worten ein gutes Verständnis über Sinn und Nutzen dieses Themas gegeben. Bereits seit den 1990ern wird die Digitalisierung von historischen Schriften umstritten diskutiert. Einerseits dient sie dem Erhalt, da sie den originalen Bestand schont und gleichzeitig noch die Zugänglichkeit erleichtert. Andererseits werden die Schriften während der Digitalisierung verstärkt beansprucht. Einige Stimmen warfen sogar ein, man könnte doch die Originale aus Platzgründen vernichten, wenn sie digital erfasst sind. Das ist aber keine Option, weil originale Objekte so viele Informationen bieten, die nicht durch eine Abbildung erfasst werden können. Für uns Restauratoren ist dies nicht diskussionswürdig, da digitale Abbildungen zumal auch manipulierbar sind. Originale aber nicht – ohne sie zu zerstören.
Seit 1997 gibt es in Deutschland zwei große Digitalisierungszentren: eines in München (das sogar mit google zusammenarbeiten) und eines in Göttingen. Ihr Ziel ist ein freier Zugang zu unserem wissenschaftlichen und kulturellen Erbe.
Neben diesen beiden großen Institutionen digitalisiert auch die HAB bereits seit über 15 Jahren. Als Besonderheit wird hier sehr viel Wert auf konservatorische Belange gelegt. So werden besonders oft nachgefragte Schriften primär digitalisiert. Dabei geht stets eine Untersuchung voraus, ob das Objekt stabil genug ist. Ob aus konservatorischen oder aus technischen Gründen werden vermutlich ca. 30% des Bibliotheksbestandes nicht für die Digitalisierung freigegeben. Solch eine Prüfung dauert durchschnittlich drei Minuten und wird akribisch protokolliert sowie in einer Datenbank erfasst.
Anschließend kommen in der HAB fünf unterschiedliche Digitalisierungsmöglichkeiten zum Einsatz, die alle auf fotografischer Reproduktion beruhen, aber z.B. unterschiedliche Öffnungswinkel oder Seitenformate erfordern.
Die so gewonnene Daten müssen natürlich noch aufbereitet, mit Informationen hinterlegt, sicher abgespeichert und zugänglich gemacht werden.
Bis 2011 hat die HAB so insgesamt rund 2,54 Mio Seiten digitalisiert. Allein 2011 wurden 10000 Bücher auf Digitalisierbarkeit geprüft. Das ermöglicht ein Team von ca. 12 speziell geschulten Personen unterschiedlicher Berufsgruppen.
Leider sind die einzelnen digitalen Datenbanken noch nicht so weit verknüpft, wie beispielsweise der GVK.
Auch wenn dieses Projekt eine kostspielige Angelegenheit ist (25 Mio € reichen zur Digitalisierung von ca. 1% des gesamtdeutschen Bestandes), lohnt es sich doch sehr. So können meiner Meinung nach besonders wertvolle Schriften geschont und gleichzeitig öffentlich zugänglich gemacht werden. Und ich sehe noch einen erheblichen Imagegewinn der gesamten Kulturguterhaltung, da auch wir mit der Technik gehen und den Zugang allgemein bequemer ermöglichen.
Es ist zu überlegen, ob solche Datenbanken auch (bedingt) für andere Kulturgüter umsetzbar sind.
Frau Corbach hat das richtige Maß an Zahlen und Fakten mit Charme kombiniert und somit einen wirklich interessanten, verständlichen und nachhaltigen, rhetorisch sehr guten Vortrag gestaltet. Auch der abendliche Ausklang bei Speiß und Trank mit netten und informativen Gesprächen war wieder hervorragend von Studierenden und dem Hornemann Institut organisiert.
Leider kann ich beim nächsten Hornemann Kolleg am 14.1.2013 nicht dabei sein. Dann wird die Frage “… wohin mit den Forschungsdaten?” thematisiert. Ein Thema, das immer wichtiger wird.

Hornemann Kolleg und der Goldfund von Gessel

Gestern abend, am 12.11.2012, war es wieder soweit. Ab 18.30Uhr fand der zweite Vortrag des Hornemann Kollegs statt.

Diesmal referierte Dr. Stefan Winghart (Präsident des NLD, Archäologe und Denkmalpfleger) nach einleitenden Worten von Frau Probst (Vizepräsidentin der HAWK) über Fund, Bergung und Bedeutung des Goldhortes von Gessel bei Syke.

Die gesamte Strecke der NEL-Pipeline durch Niedersachsen (etwa 200 km) wurde vor dem Bau archäologisch ergraben. Dabei stieß man in Gessel nur etwa 60cm unter der heutigen Ackeroberfläche auf eine goldene Spange. Im Block wurde dieser Bereich geborgen und im NLD Hannover untersucht. Modernste Röntgen- und 3D-Drucktechniken kamen für die Untersuchung vor der Freilegung dank verschiedenster Firmen zum Einsatz.

Die Restaurierung wurde sehr akribisch und vorausschauend durchgeführt. So wurden bewusst einige Verfärbungen, Ablagerungen und auch Bodenreste an einigen Teilen belassen, um evtl. spätere Analysen zu ermöglichen.

Dieser Goldfund ist der zweitgrößte in Deutschland. Er stammt vermutlich aus der 2. Hälfte des 14. Jh. v. Chr, also aus der Bronzezeit.

Es wurden mehr als 1,5kg Gold in Form von Schmuck und Spiralen gefunden. Sie waren wohl ordentlich in einem kleinen Säckchen sorgsam für den Handel/Transport zusammengepackt. Da keinerlei Begleitfund besteht, kann man nicht klar sagen, ob es hier absichtlich versteckt oder verloren wurde.

In der Bronzezeit waren Metalle von besonderer Bedeutung für die gesellschaftliche Stellung und Macht. Gold war damals neben Bernstein materieller Ausdruck von Wohlstand und Tauschmittel gegen nutzbare Metalle, wie Bronze. Auch kultische Objekte und Gebräuche, so wie Transportmittel, Ausstattung von Kriegern und Gefäße für Gelage stehen damit sehr eng und komplex in Zusammenhang.

Dr. Winghart hat all diese Zusammenhänge in seinem charmanten Vortrag mit unglaublicher Begeisterung vermittelt. Das zeugt davon, dass er nicht nur unglaublich viel Wissen auf seinem Fachgebiet hat, sondern dieses auch gut an Laien wie mich vermitteln kann.

Auch wenn ich von prähistorischen Umständen nur sehr wenig Verständnis habe, konnte ich doch die historische Bedeutung dieses Fundes nachvollziehen.

Nun startet ein Forschungsprojekt zu Fragen der technologischen Herstellung der gefundenen Goldobjekte, das 2015 mit einem Abschlusskolloquium enden soll. Bereits nächstes Jahr soll es im Landesmuseum Hannover eine erste Ausstellung über die gesamten Ausgrabungen im Zuge des Pipelinebaus geben. Und natürlich sollen dann auch alle Informationen publiziert werden.

Wieder einmal war das Hornemann Kolleg gut besucht.

Auch die anregenden Unterhaltungen im Anschluss bei bayerischen Nahrungsmitteln und hildesheimer Getränken bestätigen den Erfolg dieser Vortragsreihe.

Ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Vortrag am 3.12.2012, der sich mit bestandsschonender Digitalisierung von Schriftgut befasst.

Auftakt Hornemann Kolleg

Am Montag abend, 15.10.2012, fand zum ersten Mal ein Vortrag im Rahmen der neuen Veranstaltungsreihe des Hornemann Kollegs in der Alten Bibliothek am Brühl 20 in Hildesheim statt.

Wie der Name bereits erahnen lässt, wird diese Vortragsreihe vom Hornemann Institut der HAWK Hildesheim ausgerichtet. Sinn und Zweck dieser Veranstaltung soll es zunächst sein, dem Informations- und Erfahrungsaustausch von regionalen Restauratoren, Studierenden und allen an Kulturguterhaltung interessierten Personen eine Plattform zu bieten.

Und bereits in der ersten Veranstaltung zur Restaurierung des hildesheimer Godehardschreins ist dies hervorragend gelungen.

Zunächst berichteten Prof. Dr. Michael Brandt (Museumsdirektor), Dr. Dorothee Kemper und Uwe Schuchart (u.a. Goldschmied) vom Dom-Museum Hildesheim gemeinsam über die Herstellung und die rund 800jährige Geschichte des Schreins sowie das gesamte aktuelle Restaurierungsprojekt.

Dieser Schrein ist bereits durch seine kostbaren Materialien (vergoldetes Silber, feinste Seide, Edelsteine, Gemmen), in höchster Handwerkskunst bearbeitet (z.B. Figuren aus einem Blech frei getrieben), zu seiner Entstehung (2. Viertel 12.J.) sehr wertvoll gewesen. Kurz nach der Heiligsprechung Godehards wurde ein Großteil seiner Körperreliquien über Europa in neu gegründete Godehard-Kirchen verteilt. Folglich verblieben nur wenige Stücke im hildesheimer Schrein. 1537 wurden einige Steine und vermutlich auch Goldbeschläge gestohlen. Verschiedene, tw. stark verändernde “Restaurierungen” und Öffnungen folgten ab 1769, bis 2010 im Zuge der Domsanierung auch das gesamte Inventar auf seinen Zustand begutachtet wurde. Dabei fiel starke Korrosion auf, die eine erneute Öffnung erforderte.

Im Folgenden wurde eine internationale Expertenkommision zusammengestellt, um die nach aktuellem Wissensstand schonendste und nachhaltigste Konservierung und Restaurierung dieses wertvollen Objekts zu gewährleisten.

So wurde beispielsweise der Kellerschwamm-befallene Holzkorpus zur Reinigung und Festigung nach Düsseldorf an eine Werkstatt mit Erfahrung im Umgang mit solchen Objekten gegeben. Die textilen Fragmente werden in der Abegg-Stiftung in der Schweiz bearbeitet, Gemmen von Experten aus Hannover und Berlin untersucht. Die metallenen Beschläge verblieben in Hildesheim bei Herrn Schuchart, der sie mit viel Akribie untersuchte, dokumentierte und reinigte (Abschluss der Reinigung Ende Januar 2013).

Insgesamt soll die Bearbeitung vorraussichtlich Ende Juni 2013 abgeschlossen sein. Dann soll der Godehardschrein (mit Unterstützung des Grünen Gewölbes in Dresden) in einer vollklimatisierten Vitrine in der Domkrypta wieder zu bewundern sein. Der Schrein soll dann ausschließlich museal genutzt werden und nicht mehr auf Prozessionen getragen werden. Bis dahin muss sich die Kommision noch einig werden, ob beispielsweise die reduzierende Bearbeitung von 1970 rückgängig gemacht werden soll.

Ich hoffe dann auf eine Publikation zu allen Untersuchungsergebnissen, Quellenrecherchen und den Restaurierungsarbeiten. Denn viele Fragen, die auch in der Vortrags-anschließenden Diskussion aufkamen, können bisher noch nicht beantwortet werden. So erhofft man sich weitere Aussagen zum Aussehen und der Herstellungstechnik der verlorenen Textilbespannung der Schreinunterseite. Bisher ist auch noch nicht ganz klar, ob der Schrein in einer hildesheimer Werkstatt gefertigt wurde.

Der Abend klang dann mit ungezwungenen, individuellen Gesprächen bei regionalem Speiß und Trank aus. Hier konnten in lockerer Atmosphäre ganz interessante Unterhaltungen geführt und neue Kontakte geknüpft werden.

Ich freue mich schon auf die nächste Veranstaltung am 12.11.2012, wenn Herr Dr. Winghart (Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege) vom Gesseler Goldfund (bei Syke) berichtet.