Ein Jahr Selbständigkeit

Herzlichen Glückwunsch, kleine Selbständigkeit!
Jetzt bist du ein zartes Jahr jung – ein aufregendes und wechselhaftes Jahr.

Das erste Mal ist ja immer besonders, so auch das erste Jahr meiner Selbständigkeit. Hier ein kleiner Rückblick, der vielleicht auch Gründungswilligen ein kleines bisschen Klarheit bringt, was es bedeutet, sein eigenes Business aufzubauen.

Money, Money, Money

Die ersten Monate waren geprägt vom Geldausgeben: Anschaffungen, Reisen, Unterkünfte, Haftpflicht, Steuerberater, eine Tagung, Software – und natürlich auch “Lehrgeld” …
Den allerersten Auftrag zu erhalten und auszuführen, war ein tolles Gefühl. Endlich zurück im ursprünglichen Beruf! Die erste Rechnung zu schreiben, war so aufregend! Und als im Juli das erste Geld einging, war die Freude groß!
Doch bis Ende 2022 war die finanzielle Bilanz doch eher ernüchternd: 58 % der Einnahmen, die ich im Businessplan vorsichtig prognostiziert hatte, standen rund dem Doppelten meiner veranschlagten Ausgaben gegenüber. Das tatsächliche Geschäftsergebnis von rund 4.000 € hing dann also dem kalkulierten Gewinn von  18.000 € weit hinterher. Naja, wenigstens keinen Verlust gemacht.

Unbezahlbar

Doch die gewonnenen Erkenntnisse können nicht mit Geld aufgewogen werden!

Ich schätze die Freiheit der Selbständigkeit sehr: Ich entscheide, wann ich arbeite, welchen Auftrag ich annehme. Ich kann eigene Ideen, wie meinen Selbstcheck und meine eLearning-Schulung umsetzen. Ich kann mich nach meinen Bedürfnissen ausprobieren.

Fordernd ist für mich die Akquise von Aufträgen: Ich muss mich bei potentiellen Auftraggebern vorstellen und geduldig warten, ob ein Auftrag zustande kommt. Der Bedarf ist groß, doch der Geldbeutel klein. So fehlt häufig Budget, überhaupt Aufträge zu vergeben. Und dann ist es bei der Angebotserstellung immer ein Spagat zwischen dem günstigsten Angebot und der Auskömmlichkeit für mich.

Und dennoch möchte ich insgesamt die Erfahrung der Selbständigkeit nicht missen. Denn man lernt dabei so vieles, das man gar nicht benennen kann – auch über sich selbst. Ich darf mich dadurch in Geduld und Vertrauen üben, Ich lerne,  mit Ängsten und Zweifeln umzugehen.

Und so geht es nun endlich mit dem Frühling und neuen Aufträgen in das zweite Jahr der kleinen Selbständigkeit. Ich bin gespannt, wie sie sich entwickelt und was wir gemeinsam erleben werden.

Mein Weg in die Selbständigkeit

Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal selbständig sein würde! Doch es kommt ja immer anders, als man denkt.

Früher habe ich immer die Sicherheit einer Anstellung angestrebt: regelmäßiges Gehalt, um die Sozialleistungen wird sich gekümmert, man hat immer was zu tun und ist nicht allein.

Warum dann dieser Sinneswandel?

Über längere Zeit (es geht um einige Jahre) habe ich unterschwellig gemerkt, dass mir etwas fehlt. Die Pandemie hat mich dann erkennen lassen, was genau es ist, das nicht mehr zu mir passt und wo ich denn eigentlich hinwill. Die endgültige Entscheidung, es wirklich zu wagen, kam aber erst, nachdem ich mich vergeblich um meine Traumstelle beworben hatte (das war im Sommer 2021).

Und das heißt auch nicht, dass ich seither nicht gezweifelt hätte. Die Angst vor dem Ungewissen und dem Scheitern begleitet mich ständig und hilft mir dabei, meine Sache möglichst gut zu machen.

Im Januar 2022 habe ich dann begonnen meinen Businessplan zu schreiben. Das ist sehr empfehlenswert – unabhängig von evtl. Finanzierungs- oder Förderbestrebungen. Dieser Businessplan war für mich eine sehr hilfreiche Spielwiese, um meine vage Geschäftsidee zu konkretisieren, den Markt zu analysieren, meine Unternehmerfähigkeiten zu reflektieren und zu ermitteln, ob und wie das finanziell tragfähig sein könnte. Es gibt zahlreiche Beispiele, Vorlagen, Anleitungen und Unterstützungen dazu, z. B. von der Gründerplattform, Existenzgründer, Handwerkskammern u.v.m. Ich habe mich vorher und während ich daran gearbeitet habe, immer wieder informiert und inspirieren lassen.
Leicht war das für mich trotzdem nicht, weil es am Anfang ein großer, scheinbar unbezwingbarer Berg war. Ich habe ihn dann Stück für Stück abgearbeitet. Anfangs hat mich etwas frustriert, dass mit jedem neuen Kapitel – und besonders mit dem Finanzteil! – die vorherigen immer wieder verändert werden mussten. Das scheint normal zu sein, da ja alles eng zusammenhängt. Es wird deshalb allgemein empfohlen, den Finanzteil parallel zum Textteil zu erarbeiten.

Ich habe zwei Monate dafür gebraucht, habe aber auch nicht permanent daran gearbeitet. Anfangs waren es vielleicht nur ein, zwei Stunden am Tag. Es gab mehrere Tage (Wochenenden ausgenommen), an denen ich gar nichts gemacht habe.
Sicher bekommt man das schneller hin. Hier muss man seinen eigenen Rhythmus finden. Für mich war wichtig, dass ich das Beste für mich abliefere – nicht unter Druck einfach irgendwas. Denn ich will ja, dass es dann in der Realität für mich auch wirklich funktioniert.

Wie oft habe ich gezweifelt und gedacht, dass das doch nicht klappt und ich das Vorhaben lieber jetzt schon abbrechen sollte. Aber ehrlich: das kann man doch zu der Zeit noch gar nicht wissen! Klar kann alles komplett schiefgehen. Dann hat man im schlimmsten Fall Geld verloren, aber dafür wertvolle Erfahrungen gesammelt! Doch es kann ja auch viel besser laufen als gedacht. Das findet man erst heraus, wenn man es wirklich umsetzt.

Und nun ist es soweit: heute ist offiziell der erste Tag meiner Selbständigkeit.
Und ich kann doch noch nicht wirklich loslegen!
Es war mein Plan, den März für alle Vorbereitungen und Anmeldungen zu nutzen. Doch es hat nicht so geklappt, wie erhofft. Zunächst war ich mit dem Businessplan dann doch viel später als erhofft soweit zufrieden, dass ich ihn abschließen konnte. Dann wollte ich erst die Tragfähigkeitsbescheinigung vom Berufsverband der Restauratoren abwarten, bevor ich wirklich beim Finanzamt anmelde. Die Prüfung und Erstellung der Bescheinigung ging nicht von heut auf morgen. Eine gute Woche sollte man schon einplanen. Und ich wusste nicht, dass das Finanzamt vier bis sechs Wochen benötigt, um die Anmeldung zu bearbeiten. Also warte ich noch darauf. Das verschafft mir aber noch ein bisschen Zeit, um die fehlenden Dinge zu regeln: z. B. Geschäftskonto, Steuerberater, Internetauftritt usw.

Im ersten Monat bin ich sowieso davon ausgegangen, dass noch keine Einnahmen generiert werden können. Der Start mit angezogener Handbremse ist also nicht so schlimm für mich.

Es ist wirklich ein spannender Weg, den ich nun eingeschlagen habe, denn ich weiß noch nicht, wo er mich wirklich hinführen wird. Ich freue mich aber schon auf all die Erfahrungen, die ich auf diesem Weg sammeln werde.